Kapitel 6
Wie man Klarträume hervorrufen kann
6) Induktion von luziden Träumen

Ist der spontane Klartraum ein eher seltenes Phänomen, kann die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens durch bestimmte Induktionstechniken erhöht werden. Luzides Träumen ist also erlern- und trainierbar. Man unterscheidet zwei grundlegende Arten von Techniken, je nachdem, ob der luzide Zustand vom Wachsein eingeleitet wird oder während des Träumens. THOLEY nennt die erste Vorgehensweise, deren Ziel es ist, das Bewußtsein beim Einschlafen aufrechtzuerhalten, indem man z.B. etwas bestimmtes während des Einschlafens visualisiert und versucht, die Visualisierung in den Schlafzustand zu transzendieren, "Klarheit-bewahrende Technik". Die "Klarheit-gewinnende Technik" versucht über Realitätsprüfung im Traum, den Traum während des Traum als Traum zu erkennen. In ähnlicher Weise unterscheidet LABERGE zwischen "Wake initiated lucid dreams (WILD)" und "Dream initiated lucid dreams (DILD)". Im folgenden wird ein Überblick über die bisher entwickelten Induktionstechniken gegeben.

6.1) Klarheit-bewahrende Techniken

Der Übergang vom Wachen in den Schlaf ist besonders gut geeignet, Veränderungen der Bewußtseinsvorgänge zu untersuchen, weil wir beim Einschlafen noch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die sich einstellenden Phänomene erfassen und den Ablauf unserer Vorstellungen in erwartender Beobachtung verfolgen können. So hat MAURY schon in den Anfängen der Traumforschung (1865)dem Einschlaferleben viel Aufmerksamkeit geschenkt. So beobachtete er seine Gedanken beim Einschlafen und nahm sich vor, nach kurzer Zeit wieder aufzuwachen. Auf diese Weise gelang es ihm, Vorstellungen zu erinnern, die mit dem Einsetzen des Schlafs der bewußten Kontrolle allmählich entzogen wurden. MAURY hat diese Einschlaferlebnisse "hypnagoge Halluzinationen" genannt, weil er von der sinnenhaften Anschaulichkeit der Phänomene stark beeindruckt war.

VOGEL, FOULKES & TROSMAN (1966) haben das ganze Spektrum des Einschlafvorgangs, vom entspannten Wachzustand bis zum Einsetzen des Schlafstadiums 2, mit systematischen Weckungen untersucht. Sie beschrieben eine Verlaufsform, die in den verschiedenen Phasen des Einschlafens einen Wandel der Ich-Funktionen anzeigt. In der ersten Phase kann das Ich die auftretenden hypnagogen Halluzinationen noch bis zu einem gewissen Grad steuern, jedoch läßt allmählich die Kontrolle der aufsteigenden Bilder nach, gleichzeitig ist aber der Kontakt zur Außenwelt noch nicht abgebrochen. In der zweiten Phase tritt das Bewußtsein in den Hintergrund, das Ich ist vorwiegend passiver Beobachter, erlebt die Einschlafbilder aber noch nicht als Traum. Erst in der dritten Phase verliert der Schläfer den Realitätsbezug, nunmehr treten die Träume an die Stelle der Außenwelt, wobei das Ich stärker in das ablaufende Traumgeschehen eingebunden ist.

Die Bewußtseins(=Klarheit)-bewahrenden Klartrauminduktionsmethoden versuchen, über die hypnagoge Einschlafphase einen Klartraum zu erzeugen, indem sie versuchen, das bewußte Ich in den Traum hinüberzutragen. Alle Techniken, aus dem Wachzustand in den Traum zu gelangen, funktionieren nach dem gleichen Grundprinzip. Man liegt tief entspannt, aber bei wachem Bewußtsein im Bett und konzentriert seine Aufmerksamkeit auf eine sich wiederholende oder stetige geistige Aufgabe (z.B. zählen: eins, ich träume, zwei, ich träume etc.). Bei dieser Aufgabe zu bleiben hält die innere Aufmerksamkeit und damit das wache "innere" Bewußtsein aufrecht, während das schläfrige "äußere" Bewußtsein langsam schwächer wird und mit dem Einschlafen völlig verschwindet. Im wesentlichen läuft es darauf hinaus, daß man den Körper einschlafen läßt und das Bewußtsein wach hält. Nach THOLEY kann man durch die Wahl des Zeitpunktes, zu dem man diese hypnagogen Induktionstechniken durchführt, Einfluß auf das Ergebnis nehmen. Führt man sie zu Beginn des Schlafzyklus durch, wird die Folge, wenn die Technik das gewünschte Ergebnis bringt, nur ein kurzer Klartraum sein, da die erste, dem REM-Schlaf analoge Schlafphase von Natur her kurz ist. Erwacht man in der Nacht, oder noch besser am frühen Morgen, bei prolongierter REM-Phase und führt diese Techniken durch, kann man in den Genuß längerer Klarträume gelangen.

THOLEY unterscheidet, je nachdem, ob man beim Einschlafen seine Aufmerksamkeit auf hypnagoge Bilder, seinen Körper oder nur auf das denkende Ich richtet, verschiedene klarheitsbewahrende Techniken. All diese Techniken konnten von mindestens 5 Versuchspersonen erfolgreich angewendet werden. Außerdem bemerkte er, daß nur diejenigen mit dieser Art von Technik Ergebnisse erzielen konnten, die bereits auf andere Weise das Klarträumen gelernt hatten. Die Geübten unter ihnen gelang es, bei jedem zweiten Mal unmittelbar nach dem Einschlafen einen Klartraum zu erleben. Leider liefert er keine weiteren Daten bzgl. der Effizienz der bewußtseinserhaltenden Techniken.

Es sei darauf hingewiesen, daß man diese Techniken auch als Meditationen auffassen kann bzw. der Meditation nahe sind, die man als ein "Sich-Versenken, ein nachdenkliches Eindringen, das durch Schweigen, Entspannung und inneres Lauschen gekennzeichnet ist." bezeichnen könnte. Nach GACKENBACH & BOSVELD (1991) gibt es Meditationsrichtungen, die ihre Schüler lehren, die Gedanken und inneren Bilder zu beobachten, sich dabei jedes verstreichenden Augenblickes bewußt zu sein und sich dadurch von den Ereignissen selbst zu lösen. Die Aufmerksamkeit wird in einer nicht analytischen Weise fokussiert und man lernt sich vom diskursiven, grübelnden Denken zu lösen. Dadurch soll sich ein "innerer Zeuge" entwickeln, d.h. ein Teil des Bewußtseins vermag die Introversion zu beobachten, während sie abläuft. Dies ist ein Zustand der dem luziden Träumen bemerkenswert ähnlich ist.

6.1.1) Die Einschlaftechniken
Die Bildtechnik

Die Bild-Technik ist augenscheinlich eine fortführende Variante der von MAURY entdeckten "hypnagogen Halluzinationen", von SILBERER auch "autosymbolische Phänomene" genannt. Über das traumhafte Zudringen halluzinatorischen Materials bzw. der Beobachtung bestimmter visueller Gegebenheiten beim Einschlafen, den hypnagogen Bildern, soll man in die aus dem Inneren aufsteigende Bilderwelt hineingleiten. Dabei hat man sich zeitgleich zu vergegenwärtigen, daß alle Erscheinungen nur Imaginationen sind, um so in den Klartraumzustand zu gelangen. Trotz individueller Unterschiede im Erleben dieser Bilder läßt sich nach THOLEY im allgemeinen folgender Ablauf beobachten:
Man sieht zunächst, im sogenannten subjektiven Augengrau, Lichtblitze und ornamentale geometrische Strukturen von rasch wechselnder Art. Es folgen dann Bilder von Gegenständen oder Gesichtern, die ebenfalls einem raschen Wechsel unterliegen und innerhalb gewisser Grenzen willkürlich beeinflußbar sind. Schließlich bilden sich ganze Szenerien aus, die erst nur kurz aufblitzen, sich dann aber immer mehr stabilisieren. Der Übergang zum hypnagogen Traum vollzieht sich dadurch, daß man selbst in der Szenerie erscheint und sich darin frei bewegen kann.

Gewöhnlich ist das beschriebene Phänomen von flüchtiger Natur und geringer Deutlichkeit, so daß es einige Übung erfordert, die hypnagogen Bilder mit Aufmerksamkeit verfolgen zu können. Konnte das Bewußtsein bis zum Auftauchen ganzer Szenerien aufrechterhalten werden, stellt sich nun die Frage, wie man sich verhalten muß, um selbst die Szenerie zu betreten. THOLEY hat in seinen Untersuchungen festgestellt, daß das aktive Hineintreten in die Szenerie selbige meist verschwinden lies und fand dafür folgende Begründung: "Offensichtlich ist es so, daß in diesem Grenzzustand zwischen Schlafen und Wachen die Sinnes- und Körperempfindungen noch sehr abhängig von peripheren Reizen sind (hier: Informationen aus der Umwelt, die dem Einschlafenden die Orientierung über Ort, Zeit und Lage seines Körpers vermitteln), so daß sich das Körper-Ich noch nicht wie im Traum relativ zu den optisch wahrgenommenen Gegebenheiten bewegen kann."

Aufgrund dessen folgert er, statt willentlich in die Szenerie hineintreten zu wollen, sollte man versuchen, sich in passiver Weise in die Szenerie hineinzuversetzen oder hineingleiten zu lassen. Der Übergang von der Situation, in der man sich bloß als Betrachter erlebt, zu derjenigen, in der man als Akteur in der Szenerie erscheint, ist meist abrupt. Außerdem sollte man sich nach THOLEY eine bestimmte Handlung für den Traum vornehmen, falls man doch die Klarheit während des Einschlafens verliert, denn über die mögliche Erinnerung an die Handlungsvornahme kann sich im Traum die Klarheit wieder gewinnen lassen (eigentlich eine Kombination von Klarheitsgewinnender- und bewahrender Technik).

Problematisch an dieser Technik ist, daß bei allzu großer Müdigkeit es kaum möglich ist, die hypnagogen Erscheinungen aufmerksam zu verfolgen und dabei an dem Gedanken festzuhalten, daß es sich um Imaginationen handelt, so daß die Klarheit über den Bewußtseinszustand verloren gehen kann. Ist die Müdigkeit dagegen zu gering, so gelangt man überhaupt nicht zum Einschlafen, wenn man sich allzusehr den optischen Erscheinungen hingibt. Störende Gedanken können zudem den Bilderfluß unterbrechen oder lassen ihn gar nicht erst zu. Fällt man dagegen sehr schnell bewußt in den Schlaf, kann das Gefühl entstehen, als ob man "in die Tiefe" fallen würde (hypnagoger Schreck), und plötzlich ist man wieder wach.

Die Körpertechnik

Die Körpertechniken werden ebenfalls von THOLEY genannt. Hierbei richtet man seine Konzentration während des Einschlafens auf das Körpergefühl. Bei der Zwei-Körpertechnik stellt man sich intensiv vor, daß man einen zweiten, beweglichen Körper hat, mit dem man sich aus dem, im Bett ruhenden Körper, auf eine beliebige Art herauslöst. Hat man sich von seinem starren Körper getrennt, so kann der "Traumkörper", der zunächst als luftig empfunden wird, entweder seine Konsistenz beibehalten oder sich so weit verfestigen, daß er sich wie der eigentliche Körper anfühlt. Bei der Ein-Körpertechnik soll man durch intensive Vorstellung, daß man sich in einer anderen Lage oder an einem anderen Ort befindet als der physische, im Bett liegende Organismus, bewerkstelligen, den Klartraumzustand zu erreichen. Als Alternative kann man sich auch vorstellen, den Körper in Luft zu verflüchtigen und ihn anschließend wieder in einen beweglichen Körper zu verfestigen.

Die Ich-Punkt-Technik

Diese Technik (THOLEY, 1983) fußt auf dem Gedanken, daß das Erleben des eigenen Körpers nur ein vom Wachzustand übernommenes und im Traum prinzipiell entbehrliches Phänomen ist. Somit stellt diese Technik das Gegenstück zu der eben beschriebenen dar. Während des Einschlafens soll man sich auf den Gedanken konzentrieren, daß man bald gar nichts mehr von seinem Körper spüren wird. Spürt man ihn dann tatsächlich nicht mehr, stelle man sich vor, als punktförmiges Ich frei im Raum umher zu schweben. Dem Ich-Punkt steht dann die Traumwelt offen, indem er sich in die vorgefunden Szenerie einfach hineinfließen läßt.

Bei den beiden letztgenannten Techniken (Körper- und Ich-Punkt-Technik) sollte man bedenken, daß der Zeitraum für einen erfolgreichen Transfer, um von dem Wach- in den Traumzustand zu gelangen, eher kurz ist und relativ dicht vor dem wirklichen Beginn der Traumphase liegen muß, da Sinnesinformationen über die physikalischen Gegebenheiten den Übergang stören können.

6.1.2) Östliche Techniken

Zu den in diesem Unterpunkt dargestellten Techniken gibt es meines Erachtens keine empirische Untersuchungen. Die erste Methode wird von der Dzogchen-Sekte als Meditation verwendet und wurde von dem zeitgenössischen Meister Namkai NORBU Rinpoche entwickelt. Hierbei soll man sich beim Einschlafen auf die tibetische Silbe A konzentrieren, die man sich bildlich über der Körpermitte schwebend vorstellen soll (man könnte wahrscheinlich jedes beliebige einfache Zeichen zur Visualisierung verwenden). Hat man das Bild stabilisiert, soll man sich ein zweites A vorstellen, daß aus dem ersten A hervorgeht. Dies soll man fortführen, bis sich eine Kette von As gebildet hat, die auseinander hervorgehen und sich langsam bis zur Stirn hochziehen. Dieses Bild wird beim Einschlafen beibehalten und in den Traumzustand hineingetragen.

TULKU (1989), ein in Berkeley lehrender, tibetanischer Lama, beschreibt ein ähnliches Verfahren. Tief entspannt und kurz vor dem Einschlafen visualisiere man eine wunderschöne Lotusblüte in der Kehle. Der Lotus hat helle rosafarbene Blätter und in der Mitte leuchtet eine rot-orangene Flamme, deren Licht nach innen langsam dunkler wird. Dieses Bild soll solange wie möglich aufrechterhalten werden. Die während der Visualisierung hinzutretenden Gedanken und anderen Bilder sind ebenfalls zu beobachten, während die Konzentration aber weiterhin dem Lotusbild gilt. Solange der Faden der Visualisierung nicht abreißt, wird sie in den Traum hinüberreichen. Dringlichst zu vermeiden ist, die Visualisierung zu deuten oder darüber nachzudenken, denn sonst wird das Bild und die Bewußtheit verlorengehen. Nach TULKU repräsentiert die Flamme in der Mitte der Lotusblüte das Bewußtsein.

LaBERGE meint, daß diese Techniken für fortgeschrittene Schüler, die "viele Jahre geübt und große Disziplin gewonnen haben" (HOLZINGER, LaBERGE & THOLEY, 1998, S.146) zugeschnitten sind und für Klartraumanfänger eher ungeeignet.

6.2) Klarheit-gewinnende Techniken

Zunächst sei hier gesagt, daß die nun folgende Zuordnung der Induktionstechniken zu den Unterpunkten möglicherweise künstlich erscheinen mag, da manche Techniken mehrere verschiedene elementare Bestandteile beinhalten können.

6.2.1) Suggestion und Intension
Suggestionstechniken

Bei der Auto-Suggestionstechnik bildet man den festen Vorsatz, luzide zu träumen, und wiederholt diesen im entspannten Liegen laut vor dem Einschlafen. GARFIELD (1974) wendete diese Technik über eine Spanne von 18 Monaten an und erzielte dadurch eine klassische Lernkurve, wobei sie ihre Klartraumfrequenz von 0 auf bis zu 3 pro Woche steigern konnte. Auch LaBERGE (1980) versuchte sich 16 Monate mit dieser Technik und erhielt ähnliche Ergebnisse (Abbildung 6, Phase 1) mit einem Durchschnitt von 5.4 luziden Träumen pro Monat, bevor er eine effizientere Technik entwickeln konnte. Diese neue Technik nannte er dann "Mnemonic Induction of Lucid Dreams" oder kurz MILD. Sie stellt eine Kombination von Autosuggestion, Visualisierung und bewußtseinserhaltenden Elementen dar, und wird in den frühen Morgenstunden nach dem Erwachen angewandt, da es zu diesem Zeitpunkt am leichtesten fallen dürfte, den bewußtseinserhaltenden Wirkungsmechanismus zu aktivieren. Sie gliedert sich in folgende Teile:

  1. Falls man aus einem Traum erwacht ist, soll dieser nochmals imaginiert werden, bis er abgespeichert ist.
  2. Nun muß man für circa 10 Minuten wachbleiben, indem man z.B. liest.
  3. Dann suggeriert man sich, während man im Bett liegt und versucht wieder einzuschlafen, folgende Sentenz: "Das nächste mal, wenn ich träume, möchte ich mich daran erinnern, daß ich träume."
  4. Jetzt stelle man sich vor, wieder in den eben geträumten Traum zurückzukehren, wobei man sich vorzustellen hat, daß man merkt, wie man träumt.

Der Vorteil dieser Technik liegt darin, daß die Morgenstunden mit ihren langen REM-Phasen ausgenutzt werden. Nachteilig ist, daß ein eben geträumter Traum vorhanden sein muß und daß ausreichend Gelegenheit zum Ausschlafen gegeben sein muß.

            Die klassische Lernkurve Abbildung 6: Einzellfallstudie , monatliche Klartraumfrequenz über 3 Jahre. Phase 1= Autosuggestion, Phase2=MILD, Phase3=Eytinktionsphase, Phase4=MILD (LaBERGE, 1980)

Wie aus Abbildung 6 ersichtlich führt die Anwendung der MILD-Technik bei LaBERGE zu einer beträchtlichen Steigerung der Frequenz an luziden Träumen (Phase II) gegenüber der davor durchgeführten Autosuggestion (Phase I), wobei man berücksichtigen muß, daß er die MILD-Technik bei jedem Erwachen, auch in der Nacht angewandt hat, und er zudem eine sehr gute Traumerinnerung besitzt. Während Phase III unterbrach er die Durchführung von MILD, was zu einem Rückgang der Frequenz führte, in Phase 4 wurde wieder MILD durchgeführt. Die Buchstaben A,B,C innerhalb der Graphik zeigen den Einfluß der Motivation auf die Klartraumfrequenz, zum Zeitpunkt A beispielsweise schrieb LaBERGE ein Proposal zu seiner Doktorarbeit über Luzidität. Zum Zeitpunkt B versuchte er Klarträume im Schlaflabor zu induzieren, um zu demonstrieren, daß Klarträume tatsächlich Schlafphänomene sind, d.h. es handelte sich um Zeiträume höchster Motivation. Allerdings kann aufgrund dieser Einzelfallstudie, auch wegen des starken Einfluß der Motivation, die "besondere" Effizienz der MILD-Methode nicht als bewiesen angesehen werden.

Nach PRICE & COHEN (1988) führten GACKENBACH und LaBERGE zwei unveröffentlichte Induktionsstudien mit der MILD-Technik durch, indem sie diese gegen Einschlafvisualisierungen (Studie 1) oder gegen Einschlafvisualisierungen in Kombination mit arithmetischen Aufgaben testeten. Hierbei zeigte sich, daß die MILD-Technik den anderen nicht überlegen war. Auch BLACKMORE testete (ebenfalls unveröffentlicht) nach PRICE & COHEN (1988) die MILD-Technik einen Monat an 6 hochmotivierten Probanden, ohne eine Steigerung an luziden Träumen erzielen zu können.

1989 verglich LEVITAN drei verschiedene Induktionsmethoden, die Autosuggestion, die MILD-Technik und die von THOLEY entwickelte Reflexionstechnik (siehe 6.2.2), die hier Reality-Test genannt wird, an 468 Psychologiestudenten, deren Ergebnisse Abbildung 7 zeigt.

Der
Abbildung 7: Vergelich dreier Induktionstechniken

Die MILD-Technik zeigte sich der Autosuggestion leicht überlegen, die keinen Effekt bewirken konnte gegenüber einer vorher erhobenen Baseline. Am besten schnitt die Reflexionstechnik ab.

Posthypnotische Suggestion (PHS) ist eine weitere Variante der Suggestionstechniken, in der dem Probanden unter Hypnose ein posthypnotischer Befehl erteilt wird, bei einem bestimmten Hinweisreiz im Traum luzide zu werden. DANE (1982) verglich PHS versus MILD bei 20 regelmäßig luzide träumenden Probanden und kam zu dem Schluß, daß die Baselinefrequenz an Klarträumen die Anzahl induzierter Klarträume besser vorhersagen konnte als die Experimentalbedingungen. Aufgrund dessen führten DANE & Van de CASTLE (1984) bei 30 Probanden, die keine Erfahrung mit Klarträumen hatten, einen weiteren Versuch durch. Beide Gruppen `a 15 Probanden bekamen die gleichen Instruktionen, die eine Gruppe aber zusätzlich die PHS. Obwohl die zusätzliche PHS auch hier nicht zu mehr Klarträumen führte, waren die Klarträume der PHS-Gruppe länger und inhaltlich bedeutsamer für die Probanden als dies bei der anderen Gruppe der Fall war.

Zusammenfassend läßt sich zu den Suggestionstechniken (Autosuggestion/MILD/PHS) sagen, daß ihre Wirksamkeit beschränkt zu sein scheint, zumal der Nachweis ihrer Effizienz zum Teil auf Einzelfallschilderungen beruht.

Die Intensionstechnik

Die Intensionstechnik kombiniert den Vorsatz, luzide zu träumen mit einer konkreten Handlung, die im Traum ausgeführt werden soll, um über diesen Hinweisreiz (Handlung) Luzidität herbeizuführen, sobald die Handlung ausgeführt wurde. CASTANEDAs Aufforderung, die Hände im Traum anzuschauen, wobei die Hände als Auslöser fungieren sollen, um im Traum bewußt zu werden, ist ein solches Beispiel. Eine Variation der Intensionstechnik wird von GODWIN (1995) vorgeschlagen. Er schlägt vor, sich im Traum mit einem, im Wachzustand imaginierten Traumführer, wiederzutreffen, um luzide zu werden. Allerdings liegen anscheinend keine Studien bezüglich dieser Technik vor, möglicherweise deswegen, weil Ergebnisse von Experimenten mit konkreten Traumbefehlen, dieses oder jenes im Traum auszuführen, nach TART (1988) meist wenig überzeugend ausfielen. GARFIELD (1974) berichtet von einer Einzelfallstudie, indem ein Proband über 5 Monate versuchte, die Häufigkeit des Auftauchens seiner Hände zu erhöhen. Dies gelang ihm nicht, die Hände tauchten über den Zeitraum konstant in 14% seiner Träume auf.

6.2.2) Die Reflexionstechnik

Diese von THOLEY (1980) zunächst in Selbstversuchen entwickelte Technik beruht auf der Tatsache, daß bizarre Ereignisse im Traum eine gute Ausgangsbasis zur Entwicklung der Luzidität darstellen. Seine Grundannahme ist dabei folgende: Entwickelt man bereits während des Wachzustandes eine kritische Einstellung gegenüber seinem augenblicklichen Bewußtseinszustand, indem man sich tagsüber mehrmals fragt, ob man wacht oder träumt, so überträgt sich diese kritische Einstellung auch auf den Traumzustand. Aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Traumerlebnisse kann man dann erkennen, daß man träumt. Wichtig ist, daß man die Frage nach dem Bewußtseinszustand während des Wachens ernsthaft überprüft. Vor allem drei Faktoren sind für das Herbeiführen von Klarträumen verantwortlich:

  • der Faktor der Häufigkeit
  • der Faktor der zeitlichen Nähe
  • der Faktor der Ähnlichkeit

Das bedeutet, daß man sich die kritische Frage möglichst häufig, auch kurz vor dem Einschlafen, und möglichst in solchen Situationen stellen sollte, die Ähnlichkeit mit Traumerlebnissen besitzen. Später ergänzte er die Technik um Autosuggestions-, Intensions-, und Visualisierungselemente, d.h. man soll sich vornehmen, klar zu träumen und eine bestimmte Handlung für den Traum planen, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Diese nannte er "kombinierte Reflexionstechnik". Das vollständige Vorgehen seiner Technik faßte THOLEY (1997) in den "Zehn Geboten zum Erlernen des Klarträumens" zusammen.

Das Vorgehen bewirkt, daß eine kritische Einstellung in den Traum hineingetragen wird, doch nicht immer ist es, z.B. durch stark bizarre Traumerlebnisse, einfach, den Traumzustand zu erkennen. Auch wenn man irreale Traumereignisse erkennt, heißt das noch nicht zwangsläufig, daß man sich sicher sein kann, zu träumen; vielleicht ist man ja doch wach. Folgende Kriterien zur Überprüfung des Bewußtseinszustands (aktive und passive Realitätsprüfungen) geben Hinweise darauf, ob man sich im Traum befindet.

Bei der passiven Realitätsprüfung untersucht man das Traumszenario nach bizarren Hinweisen ab. Stark bizarre Ereignisse, z.B. wenn man sich mit einem Verstorbenen unterhält, sind relativ leicht zu erkennende Inkongruenzen. Sind diese nicht vorhanden, so kann man sich fragen, ob das Geschehen im Widerspruch zum Wissen von der Wachwirklichkeit steht, z.B. mag ein Mann virtuos Klavier spielen, der eigentlich gar nicht Klavier spielen kann. Dann kann man sich fragen, ob die Sinneswahrnehmungen der Wachwirklichkeit entsprechen, z.B. kann es im Traum zu einem übermäßigen Auftreten von strahlenden Farben oder deren gänzlichem Fehlen kommen. Perspektivische Verzerrungen kommen relativ häufig vor, manchmal sind auch Teile der Umgebung verschwommen. Ein weiteres Kriterium ist der körperliche Zustand. Ungewohnte Gefühle von Leichtigkeit oder Hemmungen von Willkürbewegungen zählen als Indikator des Traumzustandes. In einem Teil der Fälle ist allerdings weder durch scharfes Nachdenken noch durch kritisches Beobachten ein Unterschied zur Wachwirklichkeit festzustellen. Dann helfen nur noch die aktiven Realitätstests weiter.

Bei der aktiven Realitätsüberprüfung führt man entweder eine Handlung aus, die in der Wachrealität nicht möglich wäre, oder man führt bestimmte Handlungen aus und beobachtet deren Konsequenzen. So sind das wiederholte Lesen von Buchstaben, der Drehtest, und der Gravitationstest bekannt. Liest man im Traum einen kurze Text oder nur ein Wort, wendet sich kurz ab und liest das vormals Gelesene noch einmal, wird man dann in der Regel etwas anderes lesen oder die Schrift mag verändert wirken. Beim Drehtest dreht man sich im Traum um die eigene Achse und bleibt anschließend stehen. Hat man den Eindruck, man drehe sich selbst weiter, oder die Traumumgebung dreht sich im entgegengesetzten Sinn weiter, so wird man träumen. Beim Gravitationstest springt man im Traum hoch. Landet man nicht gleich wieder am Boden, sondern landet sacht oder beginnt zu schweben, befindet man sich im Traum.

Die letzen beiden aktiven Realitätstests scheinen mit dem Vestibulärsystem im Zusammenhang zu stehen, das möglicherweise während des Träumens anderen Gesetzmäßigkeiten gehorcht als während des Wachlebens. In diese Richtung geht auch ein Befund von LESLIE & OGLIVIE (1996), die in Hängematten schlafende Probanden nach Beginn einer REM-Phase sachte wiegten. Überdurchschnittlich häufig enthielten die Traumberichte Ereignisse vom Fliegen, Fallen und einem Sich-Orientieren, zudem waren sie überzufällig häufig luzide.

Leider vermeidet es THOLEY, in seinen Veröffentlichungen konkrete Zahlen über die Wirksamkeit seiner Technik anzugeben. Er begnügt sich mit der Auskunft, daß Probanden, die niemals zuvor einen Klartraum hatten und seine Reflexionstechnik anwendeten, den ersten Klartraum im Durchschnitt nach 4 bis 5 Wochen hatten. Es wurde bereits (Abbildung 7) die Studie von LEVITAN (1989) vorgestellt, die auch die Reflexionstechnik mitunter suchte . Eine weitere stammt von ZANDRA, DONDERI & PIHL (1992). Sie verglichen 3 Gruppen, die alle über einen Zeitraum von 6 Wochen versuchten, luzide zu träumen. Außer der Kontrollgruppe (keine Vorerfahrung mit Klarträumen) wendeten die beiden Experimentalgruppen die kombinierte Reflexionstechnik an, wobei die eine Gruppe (EG 2) bereits Erfahrungen hatte mit luziden Träumen, die andere nicht (EG 1).

    Der Vergleich der drei Gruppen von Versuchspersonen (Zandra, 1992)
Abbildung 8 zeigt die mittlere Anzahl luzider Träume pro Person in den einzelnen Gruppen über die Zeit. Die EG 1 (NET, mittlere Linie) berichtete über eine signifikant größere Zahl an luziden Träumen als die KG (NENT, unterste Linie). Der entsprechende Unterschied an präluziden Träumen wurde nicht signifikant. 13% der Kontrollgruppe berichtete einen luziden Traum, während 56% der EG 1 (NET) und 100% der EG 2 (ET) mindestens einmal luzide träumten. Die EG 2 steigerte ihre Klartraumfrequenz durch die Reflexionstechnik in signifikanter Weise gegenüber ihrer Frequenz bzgl. eines gleichlangen Zeitraums vor der Studie.

Die Reflexionstechnik ist die bisher am besten untersuchte und kann aufgrund der bisherigen Studien als die wirksamste der bewußtseinsgewinnenden Techniken angesehen werden.

6.2.3) Visualisierungstraining

Zunächst sei darauf hingewiesen, daß viele der oben genannten Techniken, namentlich die bewußtseinsbewahrenden Techniken, MILD und die kombinierte Reflexionstechnik, zu einem mehr oder weniger starken Anteil Visualisierungsübungen beinhalten, die zu deren Wirksamkeit beitragen mögen.

MALAMUD (1982) ließ 6 Probanden 12 bis 17 Wochen lang Wachphantasien durchführen, wobei sie im schriftlichem Dialog mit ihnen stand, um individuelles Feedback geben zu können. Die Phantasien sollten so durchgeführt werden, als ob sie luzide Wachträume wären, d.h. man konnte die Visualisierungen lenken oder lies sich von ihnen lenken, wußte aber immer um die eigene Entscheidungsfreiheit. MALAMUD berichtet, daß die Probanden ihre Imaginationskraft steigern konnten und die Introversion zu einem bessern Wissen über sich selbst führte. 2 Probanden berichteten zudem über eine Steigerung ihrer Klartraumfrequenz. Eine quantitative Analyse fand nicht statt.

SPARROW (1983) entwickelte eine mit der eben beschriebenen Technik vergleichbare Traumwiederbelebungstechnik, wobei seine Probanden sich an einen vergangenen unangenehmen Traum erinnern und diesen mit positiver Auflösung nachphantasieren sollten. Diese Technik verglich er an 136 Versuchspersonen während der einwöchigen Induktionsphase mit der Autosuggestion, und fand nur für die Traumwiederbelebungsgruppe einen signifikanten Anstieg ihrer Klartraumfrequenz. Insgesamt konnten 25% der Versuchspersonen einen Klartraum erzeugen.

6.2.4) Induktion durch externe Stimuli

Bei diesem Ansatz wird versucht, über die Inkorporation externer Stimuli, die in einer geeigneten Stärke während der REM-Phase verabreicht werden, Luzidität auszulösen. In der Regel übten die Versuchspersonen bereits im Wachzustand ein, sich bei der Wahrnehmung des Hinweisreizes zu fragen, ob sie träumen oder wachen. In einem Versuch, Luzidität durch taktile Stimulation zu induzieren, richtete HEARNE 1978 (nach PRICE & COHEN, 1988) bei 10 Probanden während des REM-Schlafs einen Wasserstrahl auf Gesicht oder Hände. Den Probanden wurde vor dem Schlafengehen mitgeteilt, daß sie diesen Auslösereiz verabreicht bekommen würden und dementsprechend auf mögliche Inkorporationen von Wasser achten sollten, die sie darin erinnern sollten, daß sie träumten. Obwohl 60% der Traumberichte Wasserelemente enthielten, wurde keine Luzidität ausgelöst.

1983 verwendete HEARNE eine Technik, die er von KOULACK (1969) übernahm, der herausfand, daß bei Applikation von leichten perkutanen Elektroschocks zum Mediannerv des Handgelenkes eine relativ hohe Inkorporationsrate in die Träume von 64% resultierte. Die einzige Modifikation von HEARNE lag darin, daß die Probanden, bevor sie Schlafen geschickt wurden, instruiert wurden, auf die Impulse zu achten und, wenn Luzidität erreicht worden ist, dies mit Augensignalen anzuzeigen, während polysomniographische Aufzeichnungen mitliefen. (Über die Methode, Klarträume mittels Augensignal während des REM-Stadiums anzuzeigen, wird unter Punkt 5.1 ausführlicher eingegangen.) 50% der 12 Probanden konnten in dem Experimentaldurchgang signal-verifizierte Luzidität erreichen, während niemand in einem Kontrolldurchgang ohne Reizung luzide wurde. Aufgrund des Erfolges dieser Studie schlug HEARNE eine tragbare Traummaschine für den Heimgebrauch vor, die den REM-Schlaf entdecken sollte (z.B. über Änderungen in physiologischen Parametern), woraufhin dann die Elektroschocks verabreicht würden.

LaBERGE, OWENS, NAGEL & DEMENT (1981) applizierten 4 Probanden an 2 aufeinanderfolgenden Nächten 5 bis 10 Minuten nach Beginn der REM-Phase akkustische Stimuli. Ein Kassettenrecorder spielte wiederholt den Satz "This is a dream" bei sich steigernder Lautstärke. Die Probanden wurden instruiert durch Augensignale zu signalisieren, wenn sie die Kassette hörten oder luzide wurden, woraufhin die Kassette ausgestellt wurde. In 20% der Fälle gelang die Inkorporation des Reizes mit darauffolgender Luzidtätsauslösung, in 13% wurde Luzidität ausgelöst ohne bewußte Wahrnehmung des Reizes, in 13% kam es zur Inkorporation ohne Luzidität, während es in 53% der Fälle weder zur Inkorporation noch zur Luzidität kam.

Eine drastische Steigerung der Luzidität im Traum gelang PRICE & COHEN (1983) in einer Einzelfallstudie über 28 Nächte durch das Vorspielen eines 1000-Hz Tones, der sich langsam steigerte, wobei die Versuchsperson durch geeignete Augenbewegungen den Ton zum verstummen bringen konnte (wurde im Wachzustand über Biofeedback eingeübt). Konnten bis zur 15ten Nacht nur 2 Klarträume produziert werden, so hatte der Proband ab der 16ten Nacht jede Nacht einen Klartraum, und daß, obwohl ab der 23 Nacht der Ton weggelassen wurde. In diesem Licht ist vielleicht auch THOLEY Behauptung zu sehen, daß externe Hinweisreize zur Induktion von Luzidität bei klartraumunerfahrenen Menschen durchaus geeignet sind, aber nach einiger Übung überflüssig werden.

KUENY (1985 nach PRICE & COHEN, 1988) bot 16 klartraumerfahrenen Probanden, die 4 Nächte im Schlaflabor verbrachten, verschiedene akkustische Stimuli während der REM-Phase dar. Wurden die ersten beiden Nächte zur Baselineerfassung ohne zusätzliche akkustische Reize durchgeführt, wurden den Probanden in den verbleibenden 2 Nächten jeweils einer von 2 unterschiedlichen Reizen dargeboten. Diese Stimuli waren:

  • "Remember, this is a dream",
  • eine sich alle 20 Sekunden wiederholende 3 sekündige Melodie.
Vor dem Schlafen hatten die Probanden einen akk. Reiz mit der Bewußtwerdung der Luzidität zu assoziieren und die Augensignale zu üben. Von 41 berichteten Klarträumen konnten 11 durch Augensignale verifiziert werden. Dabei fanden ungefähr gleichviel in den ersten beiden Nächten, wie in den letzen beiden Nächten statt. Außerdem stellte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen akkustischen Stimuli heraus.

HEARNEs Idee einer Traummaschine für den Hausgebrauch zur Induzierung von Klarträumen wurde von LaBERGE & LEVITAN (1995) umgesetzt. Sie entwickelten das "Dream Light", eine Vorrichtung, die aus einer Schlafmaske und einem tragbaren Computer besteht. An der Innenseite der Schlafmaske sind Detektoren zur Registrierung von Augenbewegungen (REM-Phase), sowie kleine Lämpchen angebracht. Die Anzahl, Frequenz und Intensität der zu verabreichenden Lichtblitze ist individuell verstellbar. 1995 untersuchten sie die Effektivität des "Dream Light", indem 14 Versuchspersonen, die 4 bis 24 Nächte das Dream Light anwendeten, Klarträume produzieren sollten. Den Probanden wurde nicht mitgeteilt, daß die Dream Lights nur in der Hälfte der Nächten aktiv wurden. 11 Probanden berichteten von 32 Klarträumen, 22 davon bei aktiver Augenmaske. Außerdem gaben sie an, signifikant häufiger Lichtblitze gesehen zu haben in Nächten, in denen diese auch verabreicht wurden als in Nächten ohne optischen Hinweisreize (73 vs 9).

HOLZINGER (1997) testete an 11 Versuchspersonen das Dream Light an zwei aufeinanderfolgenden Nächten im Schlaflabor. 6 Personen konnten mindestens einen luziden Traum produzieren. In diesen beiden Nächten konnten 88 REM-Perioden registriert werden, 16 (18%) davon wurden als luzide eingestuft. In 10 REM-Perioden (11%) wurde der Stimulus nicht wahrgenommen, in den restlichen schon, wobei 50% der Stimuli keinen Effekt erzielten. Insgesamt sind 36 (25%) Verarbeitungen berichtet worden, 9 davon haben Luzidität hervorgerufen, 32 mal (22%) nach Stimulusvorgabe sind die Versuchspersonen erwacht, 6 mal (4%) hat der Stimulus ein falsches Erwachen hervorgerufen.

Zusammenfassend läßt sich zu der externen Induktionsmethode sagen, daß eine große Schwierigkeit darin besteht, die geeignete Stärke des Hinweisreizes festzulegen; stark genug, um inkorporiert zu werden, aber nicht zu stark, da dies zum Erwachen führt. Dieses Problem wird zudem durch die individuell verschiedenen Wahrnehmungsschwellen der Versuchspersonen und die unterschiedliche Sensibilität der Versuchspersonen innerhalb der REM-Phase (tonische und phasische Abschnitte) kompliziert.

6.3) Zusammenfassung

Es wurden die verschiedenen Techniken zur Induktion von Klarträumen vorgestellt, wobei man zwischen bewußtseinsbewahrenden und bewußtseinsgewinnenden Techniken unterscheidet. Obwohl etliche Methoden zur Induktion von Klarträumen vorgeschlagen wurden, sind kontrollierte Induktionsstudien eher rar. Am besten ist die Reflexionstechnik untersucht worden, die auch als wirksamste der bewußtseinsgewinnenden Techniken angesehen werden kann, während die Wirksamkeit von MILD und der Autosuggestion als schwächer bzw als nicht vorhanden angesehen werden muß. THOLEY konstatiert, daß suggestive Formeln aber bei der Anwendung von Induktionstechniken unterstützend wirksam werden können. Zur Intensionstechnik liegt keine Studie vor, zum Visualisierungstraining nur eine einzige. Die Induktion über externe Stimuli erscheint durchaus geeignet, Luzidität hervorzurufen, vor allem bei Personen ohne Erfahrung mit Klarträumen, kann aber bei entsprechender Übung weggelassen werden. Allerdings bringt diese Methode andere Schwierigkeiten mit sich, wie die Einstellung der richtigen Stärke der zu inkorporierenden Hinweisreize.

Zu den bewußtseinserhaltenden Techniken gibt es meines Erachtens bislang keine kontrollierten Studien mit konkrete Zahlen. Allerdings ist anzunehmen, daß ihre Umsetzung in unserem Kulturkreis auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte, da diese der Meditation verwandte Technik eine nicht unerhebliche Geistesanstrengung erfordert und wahrscheinlich nur von besonders geübten oder begabten Probanden umgesetzt werden kann. Besonders Personen mit leicht zugänglicher hypnagoger Bilderwelt dürften bei diesen Methoden eher Erfolg haben.


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