Kapitel 2
Schlafzyklus und Arten des Träumens

2.1) Der Schlafzyklus

Die entscheidenden Schritte bei der Erforschung des Schlafzyklus wurden 1953 von ASERINSKY & KLEITMAN, sowie 1957 von DEMENT & KLEITMAN unternommen. Sie fanden heraus, daß es innerhalb unseres Schlafzyklus Phasen gibt, in denen die Augen unter den Lidern besonders aktiv sind (rapid eye movements) und diese Phasen wechseln sich mit anderen ab, in denen sich die Augen sehr langsam oder gar nicht bewegen. Sie beobachteten den Verlauf des Schlafes mittels Elektroencephalogramm (EEG) und Elektrookulogramm (EOG) und erhielten so den uns bekannten Schlafzyklus. Die Veränderungen der Gehirnaktivität im Verlauf einer Nacht bilden sich im EEG in wechselnden Frequenzen und Amplituden ab. An der Dichte der aufeinanderfolgenden Ausschläge kann der Spannungswechsel über die Zeit abgelesen werden, während die Höhe der Ausschläge ein Maß für die Stärke der elektrischen Spannung ist. Zur genauen Erfassung der Schlafstadien ist neben EEG und EOG noch das EMG (Elektromyogramm) zur Erfassung der Muskelspannung notwendig.

Der Wachzustand vor dem Einschlafen (Augen geschlossen, geringe visuelle Aufmerksamkeit) zeichnet sich durch rasche Gehirnwellen mit eher niedriger Amplitude und mäßige Muskelaktivität aus. Bei visueller Konzentration oder Aufmerksamkeit wird der Alpha-Rhythmus blockiert und geht bei den meisten, aber nicht allen Personen, in den höher frequenten Beta-Rhythmus über und die Muskelspannung erhöht sich.

Außer dem Wachzustand sind fünf Schlafstadien voneinander zu unterscheiden, wobei diese in REM (Stadium mit schnellen Augenbewegungen), auch paradoxer Schlaf genannt, und N(on)REM (4 Schlafstadien ohne schnelle Augenbewegungen), auch orthodoxer Schlaf genannt, unterteilt werden. Man verbringt die Nacht im Durchschnitt zu 75% im NREM-Schlaf und zu 25% im REM-Schlaf.

Der NREM-Schlaf zerfällt in die EEG-Stadien 1-4, deren Numerierung gleichzeitig die Abfolge nach Einsetzen des Schlafes darstellt. Die fortschreitende Schlafvertiefung von Stadium 1 nach Stadium 4 kommt im EEG-Bild durch eine Verlangsamung der Frequenz und einer Erhöhung der Amplitude, zum Ausdruck.

Stadium 1 ist das Einschlafstadium und wird im Verlauf der Nacht innerhalb des Schlafzyklus vom REM-Schlaf ersetzt. Diese Übergangsphase, auch hypnagoge Phase genannt, drückt sich durch ein Gefühl des Weggleitens aus, das für manche von lebhaften, beinahe psychedelischen Bildern begleitet wird. Manchmal erlebt man dabei einen hypnagogen Schreck, der zum sofortigen Wiedererwachen führt.

Stadium 2: Gehirn- und Muskelaktivität nehmen kontinuierlich ab.Wird man aus diesem Stadium geweckt, fallen die Berichte über die geistige Aktivität weniger bizarr und realistischer aus, als diejenigen des Stadiums 1 oder des REM-Stadiums.

Stadium 3 ist circa 30-40 Minuten nach dem Einschlafen erreicht.

Stadium 4:Das Gehirn ruht sich aus, Regeneration des Körpers. Stadium 3 und 4 gelten als Tiefschlaf oder Slow-wave-sleep (SWS). Nach dem Erwachen aus diesem Stadium sind die Erinnerungen an geistige Aktivität im allgemeinen dürftig, und die Schläfer scheinen eher von Gedanken, als von Träumen zu berichten.

Stadium 5: REM-Stadium Im EOG phasenweise Salven schneller ruckartiger Augenbewegungen (bursts). Weckt man die Schläfer im REM-Stadium, berichten sie meist von lebhaften Träumen, während man aus NREM-Phasen weit weniger Traumberichte erhält.

Vom EEG her ist der REM-Schlaf, verglichen mit dem NREM-Schlaf, dem Wachzustand ähnlicher. Deutliches Unterscheidungsmerkmal zwischen REM und Wachzustand ist aber die Muskelspannung, die im REM-Schlaf so gut wie nicht vorhanden ist. Man nimmt an, daß die Natur den Schläfer davor schützen will, heftige Bewegungen zu machen, die mit dem Traum im Einklang sind.

Die verschiedenen Schlafstadien zeichnen sich zudem durch eine regelhafte zyklische Verlaufsform aus. Nach dem Einschlafen durchläuft der Schläfer in absteigender Reihenfolge die Schlafstadien 1 bis 4. Nun kommt wieder Phase 3, dann Phase 2 und danach bricht die erste kurze REM-Phase an, womit der erste Schlafzyklus abgeschlossen ist.
Entweder erwacht der Schlafende in diesem Moment oder er steigt die Schlaftreppe wieder hinunter. 4 bis 5 mal durchlebt der durchschnittliche Schläfer diese etwa 90-minütige Abfolge, wobei sich die Phasen im Laufe der Nacht verschieben. Der REM-Schlaf dauert am Beginn circa 5 Minuten und wird im Laufe der Nacht immer länger. Gegen Morgen kann er bis zu einer Stunde dauern. Der komaartige Tiefschlaf nimmt hingegen im Lauf der Nacht kontinuierlich ab, was sich in Abbildung 1 in einer Verflachung der Kurve ausdrückt. Der REM-Schlaf kann außerdem von kurzen Wachphasen (microawakenings) durchsetzt sein.
Abbildung 1:
                  

2.2) Der Traum

Jedermann weiß, was ein Traum ist, eine allgemeingültige Definition des Traums zu finden, der die phänomenologische Vielfalt des Phänomens berücksichtigt, ist jedoch schwieriger. WOLMAN bietet folgende relativ allgemein gehaltene Definition an, die so etwas wie eine Basisdefinition darzustellen vermag.

"A dream is a form of thought, usually occuring during sleep, having specifiable properties. The quality of the properties depends on the sleep state during which this thought process occurs."

Hier klingt an, daß sich Träume qualitativ unterscheiden, je nachdem, ob sie aus dem NREM-Schlaf oder dem REM-Schlaf, stammen. Nach STRAUCH & MEIER (1992) hat die Forschung gezeigt, daß NREM-Träume verglichen mit REM-Träumen im allgemeinen kürzer, rationaler, gedankenähnlicher, weniger lebendig, emotional oder aktiv sind. Da obige Definition aber wenig inhaltliche Elemente enthält, soll folgende Definition von HALL die Basis unserer Betrachtungen darstellen. Sie charakterisiert REM-Träume, zumal auch Klarträume fast ausschließlich an REM-Phasen gebunden sind.

"Der Traum ist eine Aufeinanderfolge während des Schlafs erlebter, vorwiegend visueller Vorstellungen. Im allgemeinen besteht der Traum aus einer oder mehreren Szenen, verschiedenen handelnden Personen zusätzlich zum Träumenden selbst, und einer Folge von Aktionen und Gegenaktionen, in die der Träumende einbezogen ist. Er ähnelt einem Film- oder Bühnenschauspiel, in welchem der Träumende sowohl Mitspieler als auch Zuschauer ist. Obgleich ein Traum eine Halluzination ist, da seine Ereignisse nicht wirklich stattfinden, erlebt der Träumende ihn als ein wirkliches Geschehen."

Angemerkt sei hierzu, daß der Traum ein psychisches Phänomen ist, der sich nur dem Träumer selbst erschließt, und über den er in introspektiver Rückbesinnung nachträglich Auskunft geben kann. Obwohl alle Menschen jede Nacht träumen (sofern sie nachts schlafen), bestehen große individuelle Unterschiede im Erinnern der Träume, so daß man sie auf einem Kontinuum von "Vielerinnerern" bis "Nichterinnerern" ansiedeln könnte.

2.3) Der präluzide Traum

Auf einer niedrigeren Stufe der Luziditätsentwicklung findet man den präluziden Traum.
"Im präluziden Traumzustand erscheinen einem die Elemente des Traums bizarr, ungewöhnlich oder unwirklich, so daß man diese Elemente im Traum als irreal zu erkennen vermag, aber (noch) nicht zu der Entscheidung gekommen ist, daß man träumt."

Definitionsgemäß gehören auch Träume, in denen explizit die Frage, ob man denn träume, auftaucht, aber nicht mit ja beantwortet wird, zu den präluziden Träumen. Präluzide Träume haben mit luziden Träumen das Merkmal der erhöhten Kritikfähigkeit gemeinsam. Bizarre Ereignisse im Traum stellen häufig Auslöser für volle Luzidität dar, da sie zu einer kritischen Prüfung des Traumgeschehens (ob man träumt) führen können. Aufgrunddessen ist die Kritikfähigkeit das wesentliche Bestimmungsstück der Präluzidität.
Interessanterweise besitzen gerade die präluziden Träume häufig auch einen erhöhten Anteil an bizarren Ereignissen im Vergleich zum durchschnittlichen gewöhnlichen Traum.

2.4) Der luzide Traum

Der spontane luzide Traum ist eher ein seltener Zustand, ihn zu erreichen hängt zum Teil von der natürlichen Veranlagung des Menschen ab. Andererseits ist seine Herbeiführung erlernbar. Nach einem 1998 erhobenen Fragebogen zum Schlaf- und Traumverhalten (repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt von 1000 Österreichern), lag die Lifetime-Prävalenz für den luziden Traum bei 26%.

Definition: In der Regel befinden wir uns beim normalen Träumen in einem nicht luziden Zustand. Ein wesentliches Merkmal ist hierbei, daß die Träume uns in eine scheinbare Wirklichkeit versetzen, in der wir als Personen handeln, ohne zu wissen, daß wir diese Welt geschaffen haben. Unser Ich wird kritiklos in die Traumhandlung einbezogen und von dieser mitgetragen, wobei es zum Wesen der Traumrolle gehört, daß wir entweder direkt in die Handlung involviert werden oder die Ereignisse anderer Traumakteure beobachten. Eine mögliche Erklärung wäre, daß dies so ist, weil wir uns während des Träumens nicht bewußt sind, daß wir träumen. Wären wir das, so befänden wir uns in einem luziden Traumzustand.

Der Begriff "lucid dream" geht auf Frederik Willems van EEDEN zurück, einem niederländischen Psychiater, der 1913 im Rahmen eines Treffens der Society for Psychical Research über seine 352 aufgezeichneten lucid dreams berichtete. Paul THOLEY nennt denselben Zustand Klartraum und definiert ihn folgendermaßen:
"Klarträume sind solche Träume, in denen man völlige Klarheit darüber besitzt, daß man träumt und nach eigenen Entschluß handelnd in das Traumgeschehen eingreifen kann."

Das Ich ist im luziden Traum in der merkwürdigen Lage regressive geistige Prozesse zu erleben, und dennoch einen Teil des Wirklichkeitskontaktes aufrechtzuerhalten. Obwohl einem bewußt ist, daß man träumt, wird das Traumszenario als unmittelbar angetroffen und wirklich erlebt, und nicht als bloß erdacht oder vorgestellt, wie beispielsweise bei einer Wachphantasie. Da es sich beim Klartraum um ein Schlafphänomen handelt, sind Reize aus der Außenwelt (bis zu einer bestimmten Erregungsschwelle) nicht wahrnehmbar. So ist es nicht möglich, das Ticken eines Weckers zu hören, oder die Bettdecke zu fühlen. Diese Dinge würde man aber registrieren, wenn man halbwach im Bett liegt.

Während man im normalen Traum entweder Traumakteur oder Traumbeobachter ist, ist man im luziden Traum eine Kombination beider Perspektiven. Dies erfordert vom Träumer ein Gleichgewicht von Distanz und Teilhabe zu halten, was STRUNZ als Verdoppelung des Bewußtseins beschreibt. Oder anders gesagt, ein Teil des Geistes ist in das Traumgeschehen involviert, während ein anderer Teil das Schauspiel beobachtet.

2.5) Kognitive Fähigkeiten im luziden Traum

Denkvorgänge sind nach STRAUCH & MEIER auch im gewöhnlichen Traum als ein wesentlicher Bestandteil des Traumes anzusehen, das ebenso zum Traum gehört wie sinnhafte Erfahrungen und Emotionen. Träumer beobachten nicht nur ein Geschehen, sondern Sie reagieren auch darauf, stellen Überlegungen an, haben Vermutungen und aktivieren gelegentlich das Gedächtnis. Allerdings zeichnet sich dieses Denken eher durch Einfachheit und geringe Nachhaltigkeit aus, komplexe Zusammenhänge werden nicht durchdacht. Eher werden die Gedanken in ein vorwiegend handlungsbezogenes Traumgeschehen eingestreut, das nicht laufend bewertet oder durch Überlegungen gesteuert wird.

Man könnte allerdings argumentieren, daß im Traumzustand nicht wirklich gedacht werden kann, zu träumen, sondern nur geträumt werden kann, dies zu denken. Dieser Argumentation setzt THOLEY allerdings entgegen, "daß es nicht berechtigt ist, von einer phänomenalen Gegebenheit zu sagen, sie sei nicht wirklich, sondern nur geträumt. Phänomenale Gegebenheiten sind einfach schlicht vorhanden und gleichermaßen wirklich (...), ob man sich im Wachzustand oder im Traumzustand befindet."

RECHTSCHAFFEN hat das Denken im gewöhnlichen Traum "Single-mindedness" genannt. Darunter versteht er, daß im Erleben des Träumers Vorstellungen und Gedanken gewöhnlich nicht parallel ablaufen, sondern meist nur ein Thema gegenwärtig ist. Wenn man beispielsweise im Traum eine Handlung ausführt, denkt man nicht gleichzeitig über etwas ganz anderes nach, wie es bei Wachbewußtsein häufig der Fall ist. Träume können auch deswegen als "Single-minded" beschrieben werden, da der Träumer sich, im Unterschied zum Wachenzustand, naiv und unmittelbar einem Geschehen überläßt, das er nur selten in Frage stellt. Diese herabgesetzte Selbstreflexion ist damit verbunden, daß der Träumer sich nicht seiner "Geschichtlichkeit" bewußt ist. Er bewertet das Traumgeschehen nicht auf dem Hintergrund seiner früheren Erfahrungen und seiner auf die Zukunft gerichteten Erwartungen. Die "Single-mindedness" zeigt sich besonders deutlich im fehlenden Nachdenken über den Traumzustand, so daß man nicht realisiert, gerade zu träumen, während man sich am Tage des Wachseins wohl bewußt ist.

Anders ist dies im luziden Traum. Für THOLEY müssen folgende Punkte erfüllt sein, um von einem voll ausprägten Klartraum, in Abgrenzung zum üblichen Traum, sprechen zu können:

  • Klarheit über den Bewußtseinszustand (man weiß, daß man träumt).
  • Klarheit über die persönliche Entscheidungsfreiheit, also die Möglichkeit, über die Traumhandlung willentlich Kontrolle auszuüben.
  • Klarheit des Bewußtseins, des Denkens in Abgrenzung zur möglichen traumtypischen Verwirrung oder sonstigen Bewußtseinstrübungen.
  • Erinnerung an das Wachleben, wer man ist, was man sich für den Traum vorgenommen hat.

Die eben genannten Qualitäten müssen nicht alle gleichzeitig präsent sein, sondern stellen etwas wie eine Entwicklung in der Herausbildung der Fähigkeit, klar zu träumen, dar. Auch innerhalb eines luziden Traums können die einzelnen Elemente bzgl. ihrer Anwesenheit oder Stärke variieren. Gerade die beiden letztgenannten Fähigkeiten (Klarheit des Bewußtsein bzw. Zugriff auf intellektuelle Fähigkeiten und Erinnerung an das Wachleben) scheint interindividuellen Schwankungen unterworfen zu sein, auch wenn diese sich durch Übung steigern lassen. So schreibt GILLESPIE:
"I never have my normal intellectual faculties during lucid dreams, and I never have had the clarity or lucidity of the waking state even at my best moments in what is now 397 lucid dreams".

Die Regel scheint aber eine Mischung zwischen beiden Beispielen zu sein. So vermischt sich die Fähigkeit zum analytischen Denken, auch bei erfahrenen Klarträumern, häufig mit irrationalen traumtypischen Gedanken. Bestimmte Gegebenheiten im Klartraum werden dann nicht mehr als Produkt des Geistes entlarvt, sondern werden für real gehalten. So berichtete SAINT-DENY, daß es ihm schwer fiel, sich daran zu erinnern, daß die anderen Mitspieler seiner luziden Träume keine wirklichen Menschen waren, die seine Erlebnisse teilten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß vor allem die Qualität der kognitiven Funktionen den Klartraum von gewöhnlichen Traum abgrenzen, wobei die mentalen Fähigkeiten auch im Klartraum nicht immer im vollen Umfang zur Verfügung stehen. Meist sind Verstandes- und Willensfunktionen im luziden Traum, sowie die Erinnerung an das Wachleben gegenüber dem normalen Traum verbessert. Ebenso verrät die Präsenz erhöhter Kritikfähigkeit gegenüber bizarren Erlebnissen eine erhöhte Nähe zu wachkognitiven Fähigkeiten bei Klarträumen. Nach LaBERGE können jedoch nur relativ erfahrene Träumer ihre geistigen Fähigkeiten im Traum voll ausschöpfen.

Weitere Unterscheidungsmerkmale von Traum und Klartraum:
Weiterhin nennt THOLEY noch weitere Eigenschaften, die den Klartraum auszeichnen. Diese wären:
  • Klarheit der Sinnesleistungen: Sehen, Hören, Reichen und Fühlen
  • gesteigerte Erinnerungsfähigkeit an den Traum
2.6) Steuerung der Traumhandlung

Klarträume unterscheiden sich vom üblichen Träumen dadurch, daß der Träumer Bewußtsein über seinen Zustand hat und um seine freie Entscheidungsfreiheit weiß. Der Träumer kann die Traumhandlung beeinflussen, aber er kann sich auch dazu entscheiden, den Traum nicht gezielt zu lenken, sondern ihn weiterlaufen zu lassen. Prinzipiell kann der Träumer nach THOLEY im Klartraum folgende Grundhaltungen einnehmen:

  • man setzt sich nach dem Erkennen des Traumzustandes neue Handlungsziele, wobei das Wissen um den Traumzustand insofern eine wichtige Rolle spielt, als man nun auch Handlungen unternehmen kann, die im Wachzustand gefährlich, unangemessen oder unmöglich wären.
  • man richtet sich nach dem Erkennen des Traumzustandes in seinen Handlungen nach im Wachzustand gebildeten Vorsätzen, indem man geplante Beobachtungen oder Versuche durchführt.
  • man versucht, den Traum entsprechend der in ihm angelegten Dynamik weiterlaufen zu lassen, nun aber bei luzidem Bewußtsein.

GACKENBACH führt noch eine vierte Möglichkeit an, nämlich sich, ähnlich wie bei einer Meditation, vollkommen in die Beobachterposition zurückzuziehen "in which consciousness is quiet and separated from the dream ervironment. This has been called witnessing sleep" Das "witnessing" unterscheidet sich vom normalen luziden Traum dadurch, daß das Bewußtsein als Beobachter nun dominant ist und der Träumende sich nicht zur aktiven Teilnahme entscheidet.

Man darf sich die willentliche Steuerung der Traumhandlung jedoch nicht so vorstellen, daß alles und jedes im Klartraum sich nach den Wünschen des Träumers richtet. In erster Linie kann der Träumer seine eigenen Handlungen im Traum steuern, und so den Traumverlauf beeinflussen, während der Traum selbst seine Eigenständigkeit behält. So berichtet THOLEY, daß der willkürliche Wechsel der inneren Einstellung gegenüber Traumgestalten, ob man ihnen freundlich oder aggressiv gegenübertritt, zu Veränderungen im Aussehen und Verhalten dieser Gestalten führen kann. Folgendes Klartraumbeispiel soll dies verdeutlichen (nach THOLEY).
"Ich möchte wegrennen, weil alles in mir vor Angst zusammenschrumpft (...) Der erste, ein überlebensgroßer Mann mit kaltblauem Gesicht und glühenden Augen, kommt auf mich zu. Ich nehme allen Mut zusammen und frage so böse, wie ich kann: Was machen Sie hier? Was wollen Sie von mir? Der Mann schaut mich an, und seine Augen werden ganz traurig, und sein Blick wird hilflos, und er sagt: Wieso? Du hast uns doch bestellt. Du brauchst uns doch für deine Angst. Und da schrumpft der Mann zur normalen Größe, sein Gesicht wird normal, und seine Augen glühen nicht mehr."

Im gewissen Maße ist es jedoch auch möglich, die Traumwelt direkt zu beeinflussen. FARADAY berichtet beispielsweise von der Verwandlung einer winterlichen Traumlandschaft in eine Frühlingslandschaft durch einen entsprechenden, im Traum geäußerten, Wunsch. Aufgrunddessen kommt sie zu folgendem Schluß: "Wir haben die Macht, unsere Traumwelt auf eine Weise zu ändern, die im Wachleben als Magie bezeichnet würde".
Damit spricht sie auch die Tatsache an, daß im Traum Handlungen möglich sind, die in der Wachwelt aufgrund physikalischer (z.B. Fliegen) oder moralischer Grenzen nicht möglich wären. THOLEY führt ähnliche Beispiele an, konstatiert aber, daß das Traum-Ich sich nie darüber im klaren war, ob, wann und in welcher Weise die Wünsche in Erfüllung gingen.

HEARNE ließ, um die Grenzen der willkürlichen Traumbeeinflussung zu untersuchen, luzide Träumer ganz bestimmte Tätigkeit im Traum ausführen, wie z.B das Licht oder ein elektrisches Gerät anschalten oder die Augen schließen. Von 14 Klartraumberichten, in denen versucht wurde das Licht anzuschalten, traten erhebliche Schwierigkeiten auf:
Bei sechs funktionierte der Lichtschalter nicht, einer schaltete das Licht aus, drei konnten den Lichtschalter nicht finden, einer schaffte es und in drei Fällen dramatisierte sich die Traumhandlung. Ähnliche Schwierigkeiten traten beim Anschalten eines elektrischen Geräts auf; das ebenfalls untersuchte Schließen der Augen führte in 4 von 5 Fällen zum Wechsel der Traumszenerie.

Es ist also nicht möglich, die Richtung des Traumverlaufes zu erzwingen, vielmehr geht es darum, mit dem Traum zu kooperieren, da der willkürlichen Traumbeeinflussung vom Traum selber Grenzen gesetzt werden.

2.7) Beginn und Ende luzider Träume

Im luziden Traum finden sich zwei Elemente zusammen, das Träumen und das Bewußtsein, man könnte auch sagen, es handele sich um ein Koexistieren von Traum- und Wachbewußtsein. Genauso läßt sich die Luzidität auf zweierlei Wegen erreichen, entweder vom Traumzustand aus, d.h. man träumt bereits und läßt das Bewußtsein hinzutreten, oder man ist bewußt und fügt dem Bewußtsein das Träumen hinzu. Ausgangszustand ist im zweiten Fall das wache Bewußtsein, im ersten Fall das normale, nicht luzide Träumen. Die Möglichkeit, direkt vom Wach- in den luziden Traumzustand überzugehen, vollzieht man dadurch, daß man bei wachem Bewußtsein einschläft, worauf später genauer eingegangen wird (Punkt 6.1). Am häufigsten wird der luzide Traum dadurch initiiert, daß sich der Träumer während eines Traumes bewußt wird, daß er träumt (Punkt 6.2). Dies kann relativ unvermittelt geschehen oder nach einer mehr oder weniger langen Reflexionsphase, in der sicherzustellen ist, daß man tatsächlich träumt.Vor allem folgende Gelegenheiten im Traum führen nach THOLEY zur Luzidität:

  • das Bemerken bizarrer, ungewöhnlicher Ereignisse
  • extreme Gefühls- und Stresssituationen im Traum, wie z.B. Alpträume
HEARNE analysierte 100 Klarträume und fand heraus, daß 53% von bizarren Ereignissen, 16% spontan, 13% von angstbesetzten Ereignissen und 9% vom Erkennen eines wiederkehrenden Traumes ausgelöst wurden. GACKENBACH erhielt ähnliche Zahlen bei der Analyse weiterer 313 luzider Träume. 67,4% der Klarträume wurden von bizarren Traumgegebenheiten provoziert, in 15% der Fälle war die Alptraumqualität des Inhalts der Auslöser. Bei ZANDRAs Stichprobe erfolgte das Erkennen des Traumzustandes in 28% der Fälle spontan, bei 44% wegen bizarrer Traumelemente, bei 23% über Alpträume und 5% aufgrund positiver Emotionen. Klarträume können auf folgende Arten beendet werden:
  • durch den Übergang in einen gewöhnlichen Traum
  • durch den Übergang in den traumlosen Schlaf
  • durch echtes Erwachen
  • durch falsches Erwachen

Klarträume wenig erfahrener luzider Träumer enden meist durch den Übergang in den gewöhnlichen Traum, oder durch "echtes" Erwachen. Im ersten Fall wird der Träumer nach einem Augenblick der Luzidität wieder vom Traum absorbiert, er vergißt einfach, daß er träumt. Vor allem, wenn der Träumer emotional stärker in den Traum involviert wird, so daß es ihm nicht gelingt, die notwendige Distanz zum Traumgeschehen aufrechtzuerhalten, droht der Rückfall in die "single-mindedness".
Im zweiten Fall kann die Erkenntnis, daß man träumt, zum Erwachen führen, da der Klartraumzustand an sich ein instabiler Zustand ist, und unerfahrene Klarträumer diesen (noch) nicht stabilisieren können. Wie später gezeigt werden wird (Punkt 5.1), ist der Klartraum in physiologischer Hinsicht noch paradoxer als der paradoxe (=REM) Schlaf, so daß man ihn als stark aktivierten REM-Schlaf bezeichnen könnte. Dadurch ist die Schwelle zum Erwachen geringer und leichter zu vollziehen als im normalen Traum. Allein der Umstand der Erkenntnis kann zur Annahme führen, man sei schon so gut wie wach, und man erwacht wirklich. Auch wenn im Traum die gleiche Stelle einige Sekunden lang mit den Augen fixiert (Blickfixation) wird, führt dies oft zum Erwachen. Andererseits ist die Blickfixation eine Möglichkeit, den Traumzustand willentlich zu beenden.

Ein besonderes Charakteristikum luzider Träume ist das falsche oder trügerische Erwachen. Damit ist gemeint, daß man träumt, aufgewacht zu sein, und dadurch glaubt, wirklich wach zu sein. Deswegen kommt der Träumer erst gar nicht auf die Idee, dies zu bezweifeln, bis er merkt, daß er immer noch träumt, wenn er nicht vorher in den normalen Traum zurückgeglitten ist. Nach LaBERGE führt die Erwartung bald aufzuwachen dazu, daß der Traum diese Erwartung in die Tat umsetzt. Obwohl es auch Berichte von trügerischem Erwachen aus nicht luziden Träumen gibt, scheint das Phänomen in Klarträumen häufiger zu sein, wahrscheinlich weil im normalen Traum dessen Ende nicht antizipiert wird. Überdies scheinen erfahrene Klarträumer häufiger betroffen als unerfahrene.

Die Dauer luzider Träume variierte bei THOLEYs Probanden von wenigen Sekunden bis hin zu 40 Minuten, wobei er davon ausgeht, daß durch zunehmende Übung eine Steigerung der Dauer, in dem man den luziden Traumzustand aufrechterhalten kann, möglich ist. Des weiteren stimmen alle Klartraumforscher darin überein, daß Klarträume am ehesten in den frühen Morgenstunden auftreten, in denen die REM-Phasen ihre zeitlich größte Ausdehnung haben.



Literatur zu Kapitel 2

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